Schleswig-Holsteinisches OLG v. 20.6.2023 - 2x W 36/24

Eintragung einer Zwangshypothek bei einem im Eigentum einer GbR stehenden Grundstück trotz fehlender Eintragung im Gesellschaftsregister

Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und ggf. das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist nicht anwendbar, wenn es um die Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten einer (nicht im Gesellschaftsregister eingetragenen) GbR geht, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greift. Die Nichtanwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Wege einschränkender Auslegung für den Fall der Eintragung einer Zwangshypothek ergibt sich aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Norm sowie dem Justizgewährungsanspruch des Gläubigers.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 3) ist eine GbR und Eigentümerin eines im Grundbuch eingetragenen Grundbesitzes. Die Antragstellerin beantragte beim AG - Vollstreckungsgericht - unter Vorlage von Vollstreckungsbescheiden, eine Sicherungshypothek zu Lasten des im Eigentum der Schuldnerin stehenden Grundbesitzes einzutragen. Das Grundbuchamt des AG teilte unter Bezugnahme auf Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB mit, dass die Eintragung der Zwangssicherungshypothek nicht erfolgen könne, solange die GbR nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt worden sei.

Nach weiterem Schriftwechsel teilte die Antragstellerin schriftlich mit an dem Antrag festzuhalten; es handele sich um eine Vollstreckungsmaßnahme. Mit der angegriffenen Zwischenverfügung gab das Grundbuchamt des AG der Antragstellerin auf, für die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister und die Voreintragung der eGbR in das Grundbuch zu sorgen. Es liege ein Fall des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB vor. Der Gesetzgeber habe keine abweichende Regelung für den Fall der Zwangsvollstreckung gegen eine GbR getroffen.

Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Das Voreintragungserfordernis sei nicht anwendbar, zumindest müsste der Antragstellerin ein Antragsrecht entsprechend § 39 GBO zustehen. Dies ergebe sich aus dem Justizgewährungsanspruch, der ansonsten mangels Mitwirkung der Zwangsvollstreckungsschuldnerin unterlaufen würde. Der Gesetzgeber habe das Problem durchaus gesehen, im Ergebnis sei er davon ausgegangen, dass die GbR den Zugriff durch Zwang nicht dadurch vereiteln oder verzögern könnte, dass sie keinen Antrag auf Grundbuchberichtigung stelle.

Das AG half der Beschwerde nicht ab und legte das Verfahren dem OLG vor. Das OLG hob die Zwischenverfügung auf und wies das Grundbuchamt an, die Eintragung der Zwangssicherungshypothek nicht davon abhängig zu machen, dass die Beteiligte zu 3) zuvor in das Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt wird.

Die Gründe:
Das Grundbuchamt durfte nicht verlangen, dass die Beteiligte zu 3) vor einer Eintragung der Zwangssicherungshypothek in das Gesellschaftsregister eingetragen und das Grundbuch entsprechend berichtigt wird. Das Erfordernis einer Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister und Berichtigung im Grundbuch ergibt sich vorliegend nicht aus Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB. Grundsätzlich kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB zwar die (vorherige) Eintragung der GbR verlangen. Die Vorschrift ist in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht anwendbar.

Nach Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB sollen Eintragungen in das Grundbuch, die ein Recht einer GbR betreffen, nicht erfolgen, solange die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen und daraufhin nach den durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz vom 10.8.2021 geänderten Vorschriften im Grundbuch eingetragen ist. Daher kann das Grundbuchamt im Anwendungsbereich des Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB über § 47 Abs. 2 GBO hinaus verlangen, dass die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen wird (und ggf. das Grundbuch berichtigt wird), bevor sie über ein Recht verfügt.

Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ist auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt - Eintragung einer Zwangshypothek zu Lasten der GbR - jedoch nicht anwendbar, auch wenn die Vorschrift ihrem Wortlaut nach greift. Im Ergebnis jedenfalls muss die Eintragung einer Zwangshypothek auch ohne Zutun der (Schuldner-)GbR bzw. ihrer Gesellschafter möglich sein. Dieses Auslegungsergebnis folgt aus dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck der Norm sowie dem Justizgewährungsanspruch des Gläubigers. Die Nichtanwendung von Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB im Wege einschränkender Auslegung ist auch der richtige Weg zur Umsetzung dieses Ergebnisses.

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Rechtsprechung
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ZIP 2024, 1395
ZIP0068014

Aufsatz
Eintragung der GbR in die GmbH-Gesellschafterliste nach MoPeG und assoziierte Voreintragungserfordernisse
Johannes Wertenbruch / Sebastian Alm, GmbHR 2024, 225
GMBHR0064379

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 01.07.2024 16:20
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein

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