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Die Verpfändung von GmbH-Anteilen - Rechtsgrundlagen und vertragliche Gestaltungshilfen (Geißler, GmbHR 2024, 565)

Der folgende Beitrag erläutert zunächst die wesentlichen Vertragsbestandteile, die in der notariell zu beurkundenden Pfandrechtsbestellung enthalten sein müssen (II., III.). Nun hat der Pfandgläubiger im Sicherungsfall ja nur das Recht, aus dem Geschäftsanteil Befriedigung zu suchen. Insoweit werden dann weitere Gestaltungsalternativen aufgezeigt, die dessen Rechtsstellung zu verbessern geeignet sind. In diesem Kontext ist auch der Frage nachzugehen, welche korporativen Mitgliedsrechte dem Sicherungsnehmer von Seiten des Verpfänders zur eigenen Ausübung überlassen werden können (V.). Anschließend wird erläutert, wie und mit welchen Begrenzungen der Gesellschaftsvertrag auf die Anteilsverpfändung Einfluss zu nehmen vermag (VII.). Schließlich sind die gesetzlich vorgesehenen Modalitäten der Verwertung des Geschäftsanteils darzustellen. Den insoweit strengen Anforderungen kann hier teilweise durch entsprechende Parteivereinbarungen ausgewichen werden, etwa dadurch, dass sich der Gesellschafter der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft.

I. Einleitung
II. Beurkundungsfragen der Pfandrechtsbestellung
III. Bestandteile der formbedürftigen Pfandrechtsbestellung
IV. Weitere Modalitäten der Anteilsverpfändung
V. Gestaltungsmöglichkeiten zur funktionalen Reichweite der Anteilsverpfändung
VI. Die Handhabung der Mitglieder- und Verwaltungsrechte
VII. Statuarisches Reglement zur Anteilsverpfändung
VIII. Verwertung des gepfändeten Geschäftsanteils
IX. Zusammenfassung


I. Einleitung

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Die zur Begründung seiner Mitgliedschaft erbrachte Kapitaleinlage stellt im Vermögen des GmbH-Gesellschafters ein Wertpotenzial dar, das sich auch innerhalb des Wirtschaftsverkehrs nutzen lässt. So kann der Geschäftsanteil als Sicherungsinstrument eingesetzt werden, indem er etwa durch seine Verpfändung den Weg ebnet für die Ausreichung eines Darlehens (§ 488 BGB). Zwar ist im GmbHG die Anteilsverpfändung nicht vorgesehen. Dies indessen hat seine Ursache allein in rechtshistorischen Gründen. Denn im Jahre 1892 war das Pfandrecht reichsgesetzlich noch nicht fundiert. Gleichwohl hat die Verpfändung eines Geschäftsanteils alsbald Eingang in die reichsgerichtliche Rechtsprechung gefunden und wird mittlerweile auch nicht mehr in Zweifel gezogen. Sie ist somit – als Rechtspfändung – generell zulässig, soweit die Abtretung des Anteils erlaubt ist (§§ 1273 Abs. 2, 1274 BGB) und die Satzung die Verpfändung nicht ausschließt oder gem. § 15 Abs. 5 GmbHG an besondere Voraussetzungen knüpft.

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Innerhalb dieser Prämissen hat die Verpfändung von Geschäftsanteilen in der Finanzierungspraxis inzwischen zunehmende Bedeutung erlangt. Häufig dient sie der Sicherung von Forderungen, die gegenüber dem Anteilseigner oder einer ihm nahestehenden Person bestehen. Sie findet ebenso Verwendung für eine Kreditgewährung an die Gesellschaft oder die Finanzierung des Anteilserwerbs selbst. Und auch zur Kreditbesicherung im Konzern oder zur Realisierung von Unternehmenskäufen wird die Anteilsverpfändung zuweilen eingesetzt. Nun ist nachvollziehbar, dass ein in dieser Breite fungibles Rechtsinstitut zwangsläufig im Diskurs von Meinungsstreiten steht. Diese dogmatisch zu ordnen und problemspezifisch zu erörtern ist ebenso Ziel der nachfolgenden Ausführungen wie die Formulierungsvorschläge von gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsvarianten.

II. Beurkundungsfragen der Pfandrechtsbestellung
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Die Bestellung eines Pfandrechts an einem GmbH-Anteil qualifiziert sich als Verpfändung eines Rechts (§§ 1274 ff. BGB), erfordert damit also eine entsprechende dingliche Einigung. Für die Form dieses Rechtsgeschäfts sind nach § 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB die nämlichen Vorschriften maßgebend, die für eine Übertragung des Rechts Gültigkeit haben. Für die Abtretung eines Geschäftsanteils fordert § 15 Abs. 3 GmbHG einen in notarieller Form kontrahierten Vertrag. Damit bedarf die Verpfändung eines Anteils entsprechend dieser Norm ebenso der notariellen Beurkundung. Die zumeist vermittels eines Darlehensvertrags begründete schuldrechtliche Verpflichtung zur Verpfändung kann nach h.M. hingegen formfrei erfolgen. Denn die Beurkundungsbedürftigkeit der Verpfändung beruht einzig auf § 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB und dem dortigen Verweis auf die für die Abtretung einschlägigen Vorschriften. Zunächst wird also der für Verpflichtungsverträge geltende § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG hiervon nicht erfasst, da er nicht dem Schutz des Verpfänders dient. Und ebenso wenig kann § 15 Abs. 3 GmbHG, der sich allein auf die dingliche Verfügung bezieht, auf das obligatorische Geschäft übertragen werden.

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Vermöge des formlos gültigen Verpflichtungsvertrags kann der Darlehensgeber jedoch auf Erfüllung und damit auf Bestellung des Pfandrechts klagen. Ein dieser Klage stattgebendes Urteil ersetzt dann die formpflichtige dingliche Einigung mit der Folge der wirksamen Anteilsverpfändung (§ 894 ZPO). Ist die Verpfändung indessen unter Missachtung des § 15 Abs. 3 GmbHG erfolgt, ist sie grundsätzlich unwirksam. Ob sich dieser formverstößliche Rechtsakt dann, wie teilweise vertreten, umdeuten lässt in einen bindenden schuldrechtlichen Vertrag, der zur Nachholung der formgemäßen Verpfändung verpflichten würde (§ 140 BGB), erscheint zumindest zweifelhaft. Denn damit ignorierte man die unmissverständlich dekretierte Nichtigkeit, mit der § 125 BGB ein formverstößliches Rechtsgeschäft sanktioniert. Letztlich bleibt damit ja nur noch ein juristisches nullum, auf welchem sich wohl kaum eine weitergehende Rechtsgestaltung errichten lässt.

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Die Aufhebung des Pfandrechts kann hingegen formfrei erfolgen, bedarf also keiner notariellen Beurkundung. Vielmehr genügt gem. §§ 1273 Abs. 2 Satz 1, 1255 Abs. 1 BGB die einseitige Erklärung des Pfandgläubigers, dass er das Pfandrecht aufgebe. Ebenso formfrei kann die Abtretung der gesicherten Forderung vorgenommen werden. Aufgrund des Akzessorietätsprinzips geht dann mit der Abtretung der Forderung gleichzeitig das Pfandrecht auf den Zessionar über (§§ 401, 1250 Abs. 1 Satz 1 BGB). Formlos wirksam ist schließlich auch die Verpfändung einzelner Vermögensrechte, etwa des Gewinnanspruchs oder der Liquidationsguthabens. Da es sich insoweit um Forderungen (und nicht um Mitgliedschaftsrechte) handelt, ist gegenüber der Gesellschaft eine Verpfändungsanzeige in Gemäßheit des § 1280 BGB erforderlich.

III. Bestandteile der formbedürftigen Pfandrechtsbestellung
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Die gem. § 15 Abs. 3 GmbHG zu beurkundende Pfandrechtsbestellung setzt eine dingliche Vereinbarung zwischen dem Anteilsinhaber (Verpfänder) und dem Kreditgeber voraus (§§ 1273, 1204 BGB). Hierin muss der eindeutig dokumentierte Wille zur Pfandbestellung und andererseits die Annahme dieser Offerte durch den Pfandgläubiger zum Ausdruck kommen. Zum notwendigen Inhalt der notariellen Urkunde gehört dann weiter die hinreichend bestimmte Bezeichnung des verpfändeten Geschäftsanteils. Und da die wirksame Entstehung eines Pfandrechts stets eine zu sichernde Forderung voraussetzt (§ 1250 BGB), ist auch diese ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 03.06.2024 16:40
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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