Dr. Volker Römermann,     
Rechtsanwalt, Hamburg/Hannover *

 

RDG -- Entwarnung!?

 

Das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), Nachfolger des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG), ist am 11.10.2007 vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden und wird nach Billigung durch den Bundesrat am 9.11.2007 (BR-Drucks. 705/07 [Beschluss]; BGBl.-Fundstelle lag bei Drucklegung noch nicht vor) zum 1.7.2008 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf kann auf eine zwar kurze, aber dennoch recht wechselvolle Geschichte zurückblicken (s. bereits Römermann, GmbHR 2003, R 25; GmbHR 2004, R 209; GmbHR 2005, R 181; GmbHR 2006, R 429; ausführlich Römermann, NJW 2006, 3025; BRAK-Mitt. 2005, 98 (Teil I) u. 212 (Teil II); DB 2005, 897).

 

Frühere RDG-Entwürfe: Existenzielle Bedrohung für die Anwaltschaft

Der Referentenentwurf vom 14.4.2005 und der hiermit nahezu identische Regierungsentwurf vom 23.8.2006 setzten noch zum Sturmangriff auf die Festung an, in der sich Teile der Anwaltschaft bislang verschanzt und -- das soll nicht verschwiegen werden -- einige auch recht gemütlich eingerichtet hatten. Eine Marktposition ist allerdings auf Dauer nicht durch überkommene Regularien zu sichern, wenn und soweit es an einer inneren Legitimation fehlt. Das hätten die Anwaltskammern und -verbände im Grunde schon vor vielen Jahren erkennen und den Beruf daraufhin mit Blick auf die Zukunft anders, moderner, dienstleistungsorientierter, qualifikationsbewusster aufstellen müssen. Sie taten es nicht, brauchten vielleicht erst das näher heranrückende Schreckensszenario, um die lieb gewonnene Trägheit zu überwinden.

Dann kam der Paukenschlag: Ein erster "Diskussionsentwurf" vom 6.9.2004 und die nachfolgenden Gesetzentwürfe drohten mit einer nahezu völligen Freigabe der Rechtsberatung; nur wenn eine Frage noch der "vertieften", später dann: "besonderen" rechtlichen Prüfung bedurfte, sollte sie noch den Anwälten und Notaren vorbehalten bleiben. Auch bei der Zusammenarbeit von Anwälten mit anderen Berufen schien ein "Kahlschlag" bevor zu stehen: Ein neuer § 59a Abs. 4 BRAO-E sollte Sozietäten mit "jedermann", also auch dem Kfz-Reparateur und dem Kioskbetreiber, möglich machen, ein neuer § 5 Abs. 3 RDG-E Anwälte als Subunternehmer von Gewerbetreibenden, die Rechtsberatung anbieten möchten, institutionalisieren. Die anwaltliche "Lobbyarbeit" -- wenn es denn so etwas geben sollte -- half nichts, blieb während des gesamten Willensbildungsprozesses bis zum Regierungsentwurf völlig wirkungslos.

 

Änderungen durch den Bundestags-Rechtsausschuss

Erst im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages müssen dann Bedenken aufgekommen sein. Die Anhörung einiger Experten am 9.5.2007 wird dazu eher wenig beigetragen haben, von ihnen kam im wesentlichen "Schulterklopfen" für das Ministerium; als rühmliche Ausnahme sei etwa das kritische Votum des früheren DAV-Präsidenten Michael Streck erwähnt. Und doch: Am Schluss hat sich der Rechtsausschuss in seinem Bericht vom 10.10.2007 dazu durchgerungen, den RDG-Entwurf noch einmal umfassend zu revidieren.

Zu erwähnen sind folgende Änderungen der schließlich beschlossenen Gesetzesfassung gegenüber dem Regierungsentwurf:


Weitere Änderungen und Ausblick

Das "Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts" ist ein "Omnibus", es enthält über das reine RDG hinaus weitere Änderungen, die damit eigentlich nichts zu tun haben. Nennenswert sind insbesondere einige Modifikationen im anwaltlichen Berufsrecht. So entfällt das bisherige Verbot der Sternsozietät und auch die Abtretung von Gebührenforderungen an Verrechnungsstellen wird erleichtert (zur "Lex Anwaltliche Verrechnungsstelle" bereits Römermann, BB 19/2005, S. I -- Editorial). Die ursprünglich vorgesehene komplette Öffnung der Sozietäten in § 59a Abs. 4 BRAO-E ist im Rechtsausschuss wieder gestrichen worden. Die Änderungen der BRAO sollen bereits früher als das RDG, nämlich unmittelbar nach der im Dezember geplanten Verkündung des Gesetzes, in Kraft treten.

Insgesamt scheint die radikale Umgestaltung des Rechtsberatungsmarkts vermieden worden zu sein. Mandanten können aufatmen: Vor den Praktiken unqualifizierter Quacksalber werden sie weiterhin geschützt. Auch die Anwaltschaft erhält eine kurze Atempause. Sie wäre allerdings schlecht beraten, nun wieder in die Passivität zurückzusinken. Das Aufrütteln durch die RDG-Debatte sollte genutzt werden, um konsequent an der Spezialisierung und Qualifizierung der Berufsangehörigen weiter zu arbeiten, die guten Ansätze der letzten Jahre also fortzuentwickeln. Nur so und nicht durch das Verschanzen hinter scheinbar festen Verteidigungsmauern wird die Anwaltschaft dauerhaft die führende Position auf dem Markt der Rechtsdienstleistungen halten -- und sogar noch ausbauen können.

 

*    Partner der Sozietät Römermann Rechtsanwälte, Hamburg/Hannover, und Lehrbeauftragter der Humboldt-Universität zu Berlin.

 




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